Mehr als fünfzig Komponisten forderte Anton Diabelli 1819 auf, Variationen über einen seiner Walzer zu schreiben. Der bekannteste Beitrag zu jenem „Vaterländischen Künstlerverein“ stammt aus der Feder Ludwig van Beethovens. Für Rudolf Buchbinder wurde diese „Musik über Musik“ zum „Lebens-Leitmotiv“, mehr als einhundert Mal hat er den Zyklus bereits im Konzert gespielt. Bei seinem Debüt im Pierre Boulez Saal präsentiert der 76-Jährige hingegen elf neue Diabelli-Variationen namhafter Tonschöpfer, die in seinem Auftrag zum Beethoven-Jubiläum 2020 entstanden sind.
Toshio Hosokawa etwa lasse den Hörer „mit japanischer Gelassenheit durch Diabellis Klanglandschaften schlendern“, erklärt Buchbinder. Jörg Widmann zeigt indes Beethovens Charakteristika auf – „Boogie-Woogie“ inbegriffen –, und Christian Jost fordert „Rock it, Rudi!“. Philippe Manoury nimmt Bezug auf das zu Beethovens Lebzeiten in Mode gekommene Metronom und versieht seine eineinhalbminütige Variation mit einem Dutzend Tempoangaben. Improvisatorisch nähert sich Rodion Schtschedrin dem Walzer, während Johannes Maria Staud mit „äußerst kreativer Notation“ herausfordere. Zudem haben Lera Auerbach, Brett Dean, Max Richter, Brad Lubman und Tan Dun ihre Sicht auf Beethoven und Diabelli beigesteuert. In der zweiten Konzerthälfte erklingen mit der „Appassionata“ und Franz Schuberts letzter Klaviersonate zwei Meilensteine des Repertoires.