Freie Akademie der Künste: Ligeti 100

Vom Außenseiter zum Wegbereiter

Die Freie Akademie der Künste feiert den 100. Geburtstag ihres Mitglieds György Ligeti.

© Schott Music/Peter Andersen

Wäre im Mai hundert Jahre alt geworden: György Ligeti

Wäre im Mai hundert Jahre alt geworden: György Ligeti

„Ich glaube nicht, dass Leute eine Sprache verstehen, die sie zum ersten Mal hören“, lautet ein bekanntes Zitat von György Ligeti. Um den Untiefen dieser vermeintlichen Binsenweisheit auf den Grund zu gehen, sollte man die Musik als einen unendlichen Pool von Sprachen begreifen, deren jede auf eigene Formen des Erlebens und Verstehens zielt. Ligeti selbst, 1923 im rumänischen Siebenbürgen geboren, war ein Meister der Erforschung neuer „Sprachen“, indem er immer wieder kompositorisches Neuland betrat. In frühen Jahren noch als Musik­ethnologe mit der rumänischen Volksmusik beschäftigt, deren Idiom er nach dem Vorbild Béla Bartóks in seine eigene Musik übertrug, erregte er schon in den späten 1950er-Jahren Aufsehen mit der in seinem Kölner Tonstudio realisierten elektronischen Musik.

Die hier angewandten Kompositionstechniken übertrug Ligeti auf sein Orchesterstück „Atmosphères“, mit dem ihm 1961 der internationale Durchbruch gelang und mit dessen mikropolyphonen Klangflächen er sich zugleich von der seriellen Musik eines Pierre Boulez’ oder Karlheinz Stockhausens absetzte. Einen augenzwinkernden Ausblick auf die komplexen polyrhythmischen Kompositionstechniken, die ab den 1980er-Jahren Ligetis Ausdrucksspektrum bestimmen, gibt bereits das 1962 entstandene „Poème symphonique“ für 100 Metronome, das – klanglich verkleinert auf 40 Metronome – auch im Rahmen des Festprogramms „Ligeti 100“ der Freien Akademie der Künste in Hamburg zu erleben ist, deren Mitglied der Komponist bis zu seinem Tod im Jahr 2006 war. Die mechanischen Taktgeber werden auf unterschiedliche Geschwindigkeiten eingestellt und ergeben zusammen ein sich ständig veränderndes komplexes rhythmisches Gefüge.

Ligetis Musik im cineastischen Kontext

Pianist Evgeni Koroliov, der wie Ligeti eine Professur an der Hamburger Musikhochschule innehatte, setzt Werke des Jubilars in Beziehung zu Bach, Bartók, Kurtág und Debussy. In der Hauptkirche St. Petri intoniert Zsigmond Szathmáry sämtliche Orgelwerke des Komponisten, während das Ensemble 13/14 mit Geigerin Tanja Becker-Bender und Hornist Szabolcs Zempléni drei Kammermusikstücke Ligetis zu einem abendfüllenden Programm zusammenschnürt. Die Freie Akademie der Künste zeigt eine Ausstellung, die Ligetis Beziehung zur Malerei beleuchtet, während das Metro­polis Kino mit Filmen von Stanley Kubrick die Wirkung von Ligetis Musik im cineastischen Kontext erkundet.

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