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Bachfest Leipzig 2023

Kniefall vor dem großen Thomaskantor

Im Jubiläumsjahr „Bach 300“ blickt das Bachfest Leipzig mit „Bach for Future“ in die Zukunft und erweitert den klanglichen Horizont.

vonRoland H. Dippel,

Wie viele Jubiläen schafft eine Stadt? Letztes Jahr gab es in „Drei Wochen Unendlichkeit“ an der Oper Leipzig alle vollendeten Opern Richard Wagners, im Mai 2023 das  Mahler Festival und vom 8. bis 18. Juni ist das Bachfest Leipzig ein hohes Fest nicht nur für Musikfreunde. Dieses Jahr widmet man es einem herausragenden Anlass: Am 1. Sonntag nach Trinitatis 1723, also vor genau 300 Jahren, trat Johann Sebastian Bach sein Amt als Leipziger Thomaskantor an. Aus diesem Anlass spinnt Bachfest-Intendant Michael Maul ein Zitat von Max Reger fort: „b-a-c-h ist Anfang und Ende aller Musik“, sagte der ebenfalls eng an Leipzig gebundene Orgel-Virtuose, und Maul machte daraus das Motto „Bach for Future“.

Bereits einige dramaturgische Innovationen gab es unter Leitung des „Bach-Verrückten“, wie Maul seinen wissenschaftlichen und privaten Enthusiasmus in ein  einziges Wort wirft. Der Kantaten-Zyklus in Anordnung nach dem Leben Jesu, Evangelien-Texten und der Festfolge des Kirchenjahres sowie das Bachfest 2022 mit dem Motto „Bach – We-Are-Family“ als Happening einer Vielzahl von Bachchören sind inzwischen Musik-, Event- und Regionalgeschichte.

Bachfest Leipzig mit promintent besetztem Open-Air

Die sich in Leipzig treffende Bach-Elite ist trotz der Vielzahl klanglicher Signaturen überschaubar. Desto auffallender sind Neuorientierungen, welche die Bachstadt Leipzig selbst betreffen. Seit dem 11. September 2021 ist Andreas Reize der 18. Thomaskantor nach Johann Sebastian Bach. Man hört inzwischen deutlich, dass er mit dem Thomanerchor und dem Gewandhausorchester den bislang großen Abstand von Leipzigs Vorzeigeensembles zur historisch informierten Aufführungspraxis beträchtlich minimiert. Das kann man im Eröffnungskonzert des Bachfests erleben, in dem eine Kantate von Jörg Widmann zur Uraufführung gelangt. Auch Lang Lang gehört nach seinem Live-Mitschnitt der „Goldberg-Variationen“ in der Thomaskirche zur Leipziger Bachfamilie. Es dürfte kaum ein prominenter besetztes Open-Air geben als „Tribute to Bach“ am 9. Juni auf der Bühne am Markt mit Lang Lang, dem Geiger Daniel Hope, dem Gewandhausorchester und dem Thomanerchor, Empfänger der Leipziger Bach-Medaille 2023.

Zu den Flächenerweiterungen des Bachfests kommen als Bonus zwei Vorstellungen von Händels „Giulio Cesare“ der Oper Leipzig, zu denen auch Gäste der Händel-Festspiele Halle nach Leipzig pilgern. Das Bachfest denkt seinen Namensgeber also nicht nur als Repräsentant der Vergangenheit, sondern vor allem als Impulsgeber, Multiplikator und Zukunftspionier – bis zum Kantaten-Pasticcio „Judas“ mit dem Tenor Benedikt Kristjánsson und Lesungen aus dem Roman „Judas“ von Amos Oz.

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