Porträt Pablo Barragán

Stromschläge kitzeln seine kreativen Zellen

Der andalusische Klarinettist Pablo Barragán geht die Musik mit Sportgeist an.

© Luis Castilla

Unfassbares greibar machen: Pablo Barragán möchte mit seiner Klarinette Geschichten erzählen, die mit Worten nicht zu erzählen sind

Unfassbares greibar machen: Pablo Barragán möchte mit seiner Klarinette Geschichten erzählen, die mit Worten nicht zu erzählen sind

Der Kopfhörer sieht aus, als wäre er für einen Fakir gemacht. Kleine Spitzen unter dem Bügel verabreichen dem Träger leichte Stromschläge, das Hirn soll damit stimuliert werden. Sportler schwören darauf, sagte die Werbung, aber auch Instrumentalisten lernten ihre Partituren damit angeblich schneller und effizienter. Ob Pablo Barragán alleine deswegen das Niveau erreicht hat, auf dem er heute spielt? Der 32-jährige Klarinettist aus Andalusien jedenfalls gibt auf YouTube den Kronzeugen für dieses Optimierungs-Gadget. Bei der Musik sei es ja wie beim Sport, sagt er da: Üben, trainieren, das ist die halbe Miete. Und der gezielte Stromkitzel würde ihm einfach eine Menge Zeit sparen.

Auf Social-Media-Plattformen aktiv: Pablo Barragán

Für moderne Techniken aller Arten ist Barragán jedenfalls höchst aufgeschlossen. Er hat einen eigenen YouTube-Kanal und ist aktiv auf Instagram und Facebook. Er wirkt dort mit seinem mediterran-kultivierten Dreitagebart smart, sympathisch, humorvoll. Aber auch sehr, sehr ernsthaft, wenn es um sein Instrument geht. Der am Konservatorium in Sevilla und an der Musikakademie Basel ausgebildete Musiker, der in Berlin durch die Barenboim-Said Foundation gefördert wurde und Spielpraxis im West-Eastern Divan Orchestra sammelte, wollte als Kind Jazz-Saxofonist werden. Doch dann entdeckte er den Klang der Klarinette, der ihn faszinierte, weil er so sehr der menschlichen Stimme gleicht. Und der beweglich und ausdrucksstark sein kann wie diese, wenn man das Instrument wirklich beherrscht. Diesem Ideal will er näher und immer näher kommen, sagt er. Mit Fragen des korrekten Rhythmus muss er sich wiederum kaum ausei­nandersetzen, da hätte er als Musiker aus Spaniens Süden jedenfalls Vorteile. Wo andere kämpfen müssen mit den Metren, habe er es ganz leicht.

Kleine Gleichstromschläge hin oder her, Pablo Barragán sagt auch: „Musik ist zum Vergnügen da, nicht zum Leiden“ – und wenn man ihn bei den Proben sieht, barfuß und entspannt, vermittelt er die gleiche schalkhafte Frische wie bei seinen Auftritten. Musik zu machen ist für ihn ein soziales Miteinander, und das funktioniert besonders gut bei Kammermusik – die sei „das größte Vergnügen und die mächtigste Inspiration“. Diese mit Kollegen wie aktuell etwa dem Schumann Quartett zu teilen, „ist ein Luxus“.

Album-Tipp

Brahms: Sonaten für Klarinette & Klavier op. 120 Nr. 1 & 2

Pablo Barragán (Klarinette), Juan Perez Floristan (Klavier), Andrei Ioniță (Violoncello) IBS Classical

Termine

Dienstag, 21.11.2023 19:00 Uhr Nikolaisaal Potsdam

Aliya Vodovozova, Pablo Barragan, Sào Soulez Larivière, Marion Ravot, Annika …

Debussy: Prélude à l’après-midi d’un faune, Gubaidulina: Garten von Freuden und Traurigkeiten, Schumann: Märchenerzählungen op. 132, Kurtág: Hommage à R. Sch., Mozart: Trio Es-Dur KV 498 „Kegelstatt Trio“

Dienstag, 05.12.2023 20:00 Uhr Kölner Philharmonie

Pablo Barragán, Sitkovetsky Trio

Debussy: Première Rapsodie, Ravel: Klaviertrio a-Moll, Messiaen: Quatuor pour la fin du Temps

Montag, 13.05.2024 19:00 Uhr Konzerthaus Dortmund

Pablo Barragán, Noa Wildschut, Frank Dupree

Bartók: Kontraste & Rumänische Volkstänze, Schoenfield: Klarinettentrio, Ben-Haim: Violinsonate G-Dur op. 44 (Auszug) & Berceuse sfaradite, Vivier: Pièce pour violon et clarinette, Bloch: Prayer

Sonntag, 19.05.2024 19:30 Uhr Elbphilharmonie Hamburg

Pablo Barragán, Sitkovetsky Piano Trio

Internationales Musikfest Hamburg

Rezensionen

CD-Rezension Pablo Barragán – Brahms: Klarinettensonaten

Befreiung aus der Lethargie

Pablo Barragán, Andrei Ioniță und Juan Pérez Floristán finden zu einer Einheit, die von beeindruckender künstlerischer Reife trotz des jungen Alters zeugt weiter

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