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Porträt Kuss Quartett

Da zittern die Bögen, dass einem ganz bang wird

Das Kuss Quartett schaltet ohne Berührungsängste in den Krisenmodus.

vonChristoph Vratz,

„Krise“? Nicht schon wieder. Der Begriff ist ein bisschen zum Synonym für längerfristige negative Einschnitte in Gesellschaft und Politik geworden. Doch was wäre, wenn man „Krise“ auch mal produktiv nutzen würde? Diesem Gedanken ist das Kuss Quartett in seiner neuen Aufnahme nachgegangen. Nun ist der Begriff „Konzept-Album“ schon ein bisschen abgenudelt, doch den Vieren vom Kuss Quartett gelingt es immer wieder, diesen Gedanken neu und vor allem mit Sinn und Verstand neu zu beleben. Da steht Musik von Haydn neben Stücken von Francesco Ciurlo, die Grenzerfahrungen einfangen, treffen Mendelssohn auf Steve Reich und Schostakowitsch auf Birke Bertelsmeier.

Auch Projekte mit anderen Kunstformen zählen zur DNA

Der Name des Ensembles geht auf Geigerin Jana Kuss zurück. Seit mehr als dreißig Jahren – genauer: seit 1989 – spielt sie an der Seite von Oliver Wille als zweitem Geiger, der seit 2011 in Hannover einen eigenen Studiengang für Streicherkammermusik etabliert hat. Vervollständigt wird das Ensemble durch Bratschist William Coleman und Mikayel Hakhnazaryan am Cello. Mehrfach hat das Kuss Quartett Kompositionsaufträge erteilt, etwa an Aribert Reimann oder Manfred Trojahn. Berührungsängste gibt es ohnehin nicht. Auch Projekte mit anderen Kunstformen zählen zur DNA des Quartetts, ob Tanz, Literatur oder Lichtgestaltung. Regelmäßig treten die vier Streicher im Watergate-Club in Berlin-Kreuzberg auf – einer Klassik-Lounge, die sich im Musikleben der Hauptstadt einen festen Platz erobert hat.

Das innere Betriebsklima scheint, auch nach einem Großprojekt mit den sechzehn Beethoven-Quartetten, ungetrübt, sonst wäre kaum der Satz überliefert: „Es wäre viel einfacher, wenn wir uns gar nicht mögen würden.“ Es darf gelacht werden und geredet, solange ihr künstlerisches Credo weiterhin gilt: Nur ja nicht automatisch bestehende Hörerwartungen befriedigen.

Das gilt auch für das neue Album, das zugleich einige Konstanten in der Entwicklung des Kuss Quartetts spiegelt, bei dem bedrohliche, ernste, düstere, gefahrvolle Momente nur deshalb zur Geltung kommen, weil immer auch die jeweilige Kehrseite hörbar wird, oder zumindest ahnungsvoll mitschwingt.

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