Große Katastrophen, menschliche Tragödien oder Kriege haben immer wieder bedeutende Musik hervorgebracht. Als im Jahr 79 n. Chr. der Vesuv Pompeji und Herculaneum unter sich begrub, verloren rund 20 000 Menschen ihr Leben. Unter der Asche blieb die Lebendigkeit dieser Städte jedoch erstaunlich plastisch erhalten. Als sie später freigelegt wurden, zeigte sich: Hier war nicht nur Schrecken, sondern auch überschäumendes Leben zu Hause. Der finnische Komponist Magnus Lindberg ließ sich davon inspirieren und vertonte lateinische Wandinschriften aus den Ruinen. Sie verkünden Veranstaltungen, Meinungen, Spott und Obszönitäten. Lindbergs „Graffiti“ entfaltet dabei eine mitreißende Klangsprache, die tief in der Tradition der Chormusik verwurzelt ist und sie neu belebt.
Auch Zoltán Kodálys Missa brevis entstand im Schatten von Tod und Zerstörung: Anfang 1945, als Europa in Trümmern lag, wurde das Werk in einer Garderobe der Budapester Oper mit kleiner Besetzung uraufgeführt, während der Komponist und seine Frau im Keller des Hauses Schutz vor den Bomben suchten. Beide Werke sind nun in einem Konzert mit dem RIAS Kammerchor und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen zu erleben – die Zuschauer erwartet ein großes Chor- und Orchesterfresko aus dem Leben einst verschütteter Bewohner.







