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Wagner: Götterdämmerung – Der Ring des Nibelungen

Das gewaltige Finale des Opernepos: Hagens Gier nach Macht steigert sich ins Unendliche, während Brünnhildes und Siegfrieds Liebe auf eine harte Probe gestellt wird

vonJulia Hellmig,

Drei Nornen sind es, die auf dem Walkürefelsen am Seil des Schicksals spinnen. Die Weltenesche ist inzwischen vertrocknet und Wotan ließ ihr geschlagenes Holz um Walhall schichten. Doch wie geht es weiter? Das wissen noch nicht einmal die Schicksalsgöttinnen. Sie fliehen zu ihrer Mutter Erda. Währenddessen rüstet sich Siegfried zu neuen Heldentaten. Brünnhilde schenkt er zum Abschied den Ring, bevor er mit seinem Schiff den Rhein hinauffährt.

Hinterlistige Täuschung

Im ersten Aufzug gelang unser Held auf seiner Rheinfahrt zur Burg der Gibichungen, wo er überraschend freudig aufgenommen wird. Fürst Gunther soll nämlich auf Hagens Rat hin Brünnhilde freien. Doch die beiden sind sich einig, dass es nur einen gibt, der stark genug ist, um das Feuer zu durchschreiten und Brünnhilde zu bezwingen: Siegfried. Um ihn an sich zu binden, möchte Gunther den Ahnungslosen mit seiner Schwester Gutrune vermählen. Um sie als Braut zu erringen, ist er bereit, für Gunther um Brünnhilde zu freien – allerdings nicht ganz freiwillig: Durch einen Vergessenheitstrank wurde Siegfried jeglicher Erinnerung an Brünnhilde beraubt. Durch den Tarnhelm in Gunther verwandelt, erscheint Siegfried auf dem Walkürefelsen, entreißt Brünnhilde den Ring, den er ihr einst als Liebesbeweis überreicht hatte, und beansprucht sie kurzerhand als Braut.

Enttäuscht und gedemütigt erscheint Brünnhilde im zweiten Aufzug am Arm Gunthers zur Doppelhochzeit. Fassungslos entdeckt sie den Ring an Siegfrieds Hand und beschuldigt ihn folgerichtig des Betrugs und Treuebruchs. Siegfried kann sich aber noch immer an nichts erinnern. Indessen sieht Hagen seine Stunde gekommen und bietet sich Brünnhilde als Diener ihrer fürchterlichen Rache an. Daraufhin verrät sie ihm, wo Siegfrieds einzige verwundbare Stelle ist: am Rücken.

Siegfrieds Tod. Standbild aus dem Film "Die Nibelungen" von Fritz Lang, 1924
Siegfrieds Tod. Standbild aus dem Film „Die Nibelungen“ von Fritz Lang, 1924

Zurück zum Ursprung

Die drei Rheintöchter ahnen das Unheil bereits und warnen Siegfried im dritten Aufzug vor seinem Schicksal. Doch der Betrogene lässt sich nicht einschüchtern. Vor versammelter Jagdgesellschaft reicht Hagen Siegfried einen Trank, der ihm seine Erinnerung zurückgibt. Freimütig erzählt er von seiner Jugend, seinem Kampf mit dem Drachen und der ersten Begegnung mit Brünnhilde, die er einst als Braut eroberte. Damit hat der Unglückliche seine Schuld gestanden. Hagen stößt ihm seinen Speer in den Rücken und Siegfrieds letzte Gedanken wandern zu seiner geliebten Brünnhilde. Im Trauerzug wird der tote Held zur Gibichungenhalle getragen. Durch die Rheintöchter hat Brünnhilde erfahren, wie es sich wirklich zugetragen hat. Sie lässt einen Scheiterhaufen errichten, um mit Siegfried zu verbrennen. Sei entzündet das Feuer und schickt Wotans Raben nach Walhall, um den Göttern das Ende zu verkünden. Der Ring geht zurück an die Rheintöchter und mit ihm auch Hagen, der bei seinem Versuch, ihnen den Ring ein letztes Mal zu entreißen, mit in die Tiefe gezogen wird.

Hagen versenkt den Nibelungenschatz. Gemälde von Peter von Cornelius, 1859
Hagen versenkt den Nibelungenschatz. Gemälde von Peter von Cornelius, 1859

Bis zur Vollendung verging über ein Vierteljahrhundert

Am 21. November 1874 vollendete Wagner die „Götterdämmerung“. Seit er mit dem Werk begonnen hatte, sind 26 Jahre und drei Monate vergangen. Unter die letzte Seite der Partitur schrieb er: „Vollendet in Wahnfried, ich sage nichts weiter!! R. W.“. Der ursprüngliche Titel lautete: Siegfrieds Tod. Dann hätte Friedrich Nietzsche allerdings nie mit dem Titel seines Spätwerk „Götzendämmerung“ parodistisch auf Wagners „Götterdämmerung“ anspielen können. Im Konzertsaal sind heute Teile des „Götterdämmerung“ zu hören, vor allem „Siegfrieds Rheinfahrt“, „Siegfrieds Trauermarsch“ und „Brünnhildes Schlussgesang“.

Die wichtigsten Fakten zu Richard Wagners Götterdämmerung:

Orchesterbesetzung: Kleine Flöte, 3 Flöten, 3 Oboen, Englischhorn, 3 Klarinetten, Bassklarinette, 3 Fagotte, 8 Hörner, 3 Trompeten, Basstrompete, 4 Tenorbassposaunen, Kontrabasstuba, 2 Pauken, Glockenspiel, Triangel, Beckenpaar, Rührtrommel, 6 Harfen, Streicher, Bühnenmusik (Stierhörner, Hörner, 4 Harfen)

Spieldauer: Ca. 4 1/2 Stunden

Die Uraufführung fand am 17. August 1876 im Festspielhaus Bayreuth statt. Die Inszenierung lag bei Richard Wagner selbst, die musikalische Leitung hatte Hans Richter inne.

Referenzeinspielung

Album Cover für Wagner: „Götterdämmerung“

Wagner: „Götterdämmerung“

Prague Philharmonic, Hans Swarowsky (Leitung) Mit: Gerald McKee, Herold Kraus, Rolf Polke, Rolf Kühne, Takao Okamura, Ursula Boese, Nadezda Kniplova & Bella Jasper

Dieses ambitionierte Vorhaben aus dem Jahr 1968 besticht vor allem durch seine Schnörkellosigkeit. Statt auf vordergründige Effekthascherei, konzentriert sich Hans Swarowsky bei dieser Aufnahme lieber auf die Details, wie etwa einen lyrischen Streicherklang oder ein spannungsreiches Tempo, was zu wunderschönen Momenten führt. Dieser frische und klare Klang hängt auch mit der Aufnahmetechnik zusammen: Jeder Sänger hatte sein eigenes Mikrofon im Tonstudio, was zu einer enorm hohen Textverständlichkeit führt.

Termine

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Präludium

(UA Bayreuth 1876) In nächtlichem es-Moll spinnen die Nornen das Schicksalsseil. Ratlos, wie es weitergeht, zerren sie daran – es reißt. Bei Sonnenaufgang trennen sich Brünnhilde und Siegfried – den Helden drängt es zu neuen Taten. Als Zeichen seiner Treue schenkt er ihr seinen Ring. Auf seiner Rheinfahrt gelangt er zu den Gibichungen Gunther und dessen Schwester Gutrune. Hagen (ein Nibelung) macht Siegfried mit einem Vergessenstrunk gefügig, in Gunthers Gestalt (mittels Tarnhelm) Brünnhilde zu freien, dafür winkt ihm die Hand Gutrunes. Als Brünnhilde sich wehrt, entreißt ihr Gunther alias Siegfried den Ring. Auf der Doppelhochzeit erkennt Brünnhilde den Ring an Siegfrieds Hand. Sie verklagt ihn, ihr Mann zu sein. Hagen zwingt beide unter einen tödlichen Eid. Dann gibt er Siegfried bei einem Jagdausflug einen Erinnerungstrunk und fordert ihn auf, aus seinem Leben zu erzählen. Schwärmerisch schildert dieser, wie er das Feuer durchschritt und Brünnhilde weckte. Da stößt Hagen Siegfried seinen Speer in den Rücken. Der Trauerzug erreicht den Rhein. Brünnhilde, durch Siegfrieds Tod „wissend“, lässt einen Scheiterhaufen entzünden und weist Feuergott Loge den Weg nach Walhall, wo die Götter auf ihr Ende warten. Sie nimmt den verfluchten Ring an sich und sprengt auf ihrem Ross ins Feuer. Der Rhein tritt über das Ufer, und das Rheingold ist wieder, wo es zu Anfang war. Wer Rheingold, Walküre und Siegfried versäumte, erhält in der Nornenszene, der Gibichungenszene, der Waltrautenszene (als ehemalige Walkürenkollegin sucht sie Brünnhilde auf, um ihr von Wotans Trauer um sie zu berichten und sie vor dem Ring zu warnen), in Hagens Traumszene (sein Vater Alberich erscheint ihm und mahnt ihn, den Ring zu erbeuten), in der (zweiten) Rheintöchterszene zu Beginn des dritten Aktes (sie versuchen, Siegfried den Ring abzuschmeicheln), und in Siegfrieds Lebenserzählung reichlich Gelegenheit, das Versäumte nachzuholen. Das bedeutet: fünf Stunden Spieldauer. Wagners genialer, unermüdlicher Fantasie gelingt es, immer neue Leitmotive zu erfinden und den schon überreifen alten Leitmotiven (insgesamt etwa 100!) weiter Saft abzupressen. Einen Höhepunkt erreicht Wagners Leitmotivtechnik, als Gunther und Hagen Siegfried freudig begrüßen und dazu im Orchester das „Fluchmotiv“ seine Faust emporreckt. Der Klang der Götterdämmerung ist faulig bis vergiftet. Die hässlichen Töne der gestopften Hörner, die finster knisternden tiefen Klarinetten, eine abgründige Harmonik für Intrige, Hass, Neid, Meineid und Mord geben dem Werk hypnotische, fast unerträgliche Intensität. Lichtpunkte sind die beiden poetischen Sonnenaufgänge, Siegfrieds erfrischende Rheinfahrt, die pastorale, beinah schon impressionistische Rheintöchterszene und die Hochzeitsszene mit dem von Hagens Stierhorn herbeigerufenen lachenden Männerchor. Der Ring der Nieblungen ist ein 16-stündiges Monstrum mit unendlich vielen hinreißenden Momenten. Es geht nicht um Weltuntergang, nur die Götter und die Nibelungen, die Antagonisten kultureller Frühzeit gehen unter, danach ist freies Menschentum denkbar. Die letzte, versöhnliche Phrase des Orchesternachspiels drückt mit dem „Hoffnungsmotiv“ aus, dass es zu wünschen ist. (Mathias Husmann)
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