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Konzert-Kritik: Bamberger Symphoniker beim Kissinger Sommer

Pfauen und Helden in Bad Kissingen

(Bad Kissingen, 19.7.2025) Manfred Honeck und die Bamberger Symphoniker bringen beim Kissinger Sommer mit Faurés „Pavane“, Schuberts „Unvollendeter“ und Brahms’ zweiter Sinfonie französischen Esprit und sinfonische Wucht in den Max-Littmann-Saal.

vonPatrick Erb,

Ein gemächlicher Pfauenschritt in Achtelnoten, darüber eine geheimnisvolle Flötenkantilene, die zum Ergründen unbekannter harmonischer Welten einlädt. Streicherwogen, wehleidig und sehnsuchtsvoll, ahmen nach, was die Flöte – der Pfau? – vorgibt, bis ein kräftiges Orchestertutti die Szenerie aufscheucht. Gabriel Faurés „Pavane“ gehört fraglos zu den bekanntesten Werken des französischen Komponisten. In knapp fünf Minuten entfaltet dieses Charakterstück ein Bouquet impressionistischer Farben, das ebenso feinfühlig wie sinnlich den Zeitgeist Frankreichs gegen Ende des 19. Jahrhunderts evoziert – jenen Spagat zwischen antiker Ordnung und einem mystisch aufgeladenen Katholizismus. Musik als Weltbetrachtung in zarter Noblesse.

Schwerpunkt Frankreich

Mitgebracht haben das Werk Dirigent Manfred Honeck und die Bamberger Symphoniker zu einem der finalen Konzerte des 39. Kissinger Sommers, wo unter dem Motto „Je ne regrette rien“ der Blick gen Frankreich ging. Und was wäre französischer als Fauré und so opulent ganz im Sinne des Fin de Siècle wie ein Pfau? Die „Pavane“ – der Beitrag der Bamberger zum Festivalthema – traf hier auf Schuberts „Unvollendete“ und Brahms’ zweite Sinfonie. Doch gerade im vermeintlich Leichten liegt die Gefahr. Denn ein so kurzes, technisch überschaubares Stück wie die „Pavane“ verlangt Tiefe. Sie ist fragil, sucht Würde – und muss sich zugleich eine tänzerische Restleichtigkeit bewahren. Honeck nimmt den Bleistift in die Hand, konstruiert skizzenhaft, verwischt mit lässiger Führung aber alle darin liegende rhythmische Brillanz. Die Streicher erzeugen einen romantisierenden Sog, das Stück gerät allzu kompakt. Wirkungsvoll, aber nicht formvollendet.

Eine Heldengeschichte

Wie fügt sich Schuberts „Unvollendete“ ins Konzert? – Mit Pathos! Die Fragment gebliebene Sinfonie erwächst aus einem bedrohlich dunklen Cellomotiv. Es erhebt sich eine elegische Heldentragödie, deren Fragmente gleichwohl Geschichte erzählen. Honeck nutzt die satten Klangfarben des holzvertäfelten Max-Littmann-Saals, lässt die Bamberger zu effektvollen Phrasierungen ansetzen, setzt dramatische Akzente mit theatralisch platzierten Pausen – nicht immer maßvoll. Der Held, am Fortkommen gehindert, steht immer wieder auf. Und siehe: Auf dem Höhepunkt des ersten Satzes verwandelt sich das klangliche Schlachtfeld in ein leuchtendes Friedensfest.

Pomp und Pastorale

Vollends zur Sternstunde gerät dann Brahms’ zweite Sinfonie: ein technisches wie interpretatorisches Glanzstück. Der Brahms der Bamberger ist süffig, mit rasch wechselnden Charakterbildern zwischen pastoralem Idyll und existenzieller Tiefe. Der Max-Littmann-Saal trägt auch hier mit seinem satten Klangbild: Der erste Satz leuchtet mit erhobener Wärme, überstrahlt von edelsten Hornklängen. In den inneren Sätzen entwickelt Honeck eine packende, impulsive Energie. Und im Finale lodert dann ein orchestrales Feuer: glühende Streicher, sägende Bewegungen, triumphal-pompöse Kraft. Das Publikum, nun selbst entflammt, zeigt sich begeistert. Zu bereuen hatte an diesem Abend in Bad Kissingen schlussendlich niemand etwas – selbst der Pfau nicht.

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