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Porträt George Petrou

Spezialisierter Alleskönner

Der griechische Dirigent George Petrou ist ein gefeierter Meister des Barock – und passt doch in keine Schublade.

vonAndré Sperber,

Man kann es nicht anders sagen: George Petrou gilt als einer der führenden Barock-Spezialisten der Gegenwart. Seine Expertise beweist er nicht nur als Dirigent des Athener Originalklang-Ensembles Armonia Atenea, sondern auch als künstlerischer Leiter der Internationalen Göttinger Händel-Festspiele, die er seit 2022 prägt. Ihn aber deshalb einfach in die Alte-Musik-Schublade zu stecken, wäre deutlich zu kurz gegriffen. „Natürlich liebe ich die Barockmusik!“, erklärt der gebürtige Grieche im Gespräch. Aber „Spezialist“ sei ein großer Begriff, der in diesem Fall von der gängigen Tendenz herrühre, „Künstler aufgrund ihres Aufnahmen-Repertoires zu etikettieren.“

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Tatsächlich enthüllt ein Blick in Petrous Diskografie wahre Barockschätze: Raritäten von Johann Adolph Hasse oder auch Johann Simon Mayr stehen neben Opern Georg Friedrich Händels, von denen viele als Referenzeinspielungen gelten. Doch wenngleich die Barockzeit einen besonderen Schwerpunkt einnehmen mag, ist Petrou ein ausgebildeter Romantiker: „Beethoven, Schumann, Brahms, Rachmaninow und auch das 20. Jahrhundert – das ist eigentlich meine Komfortzone“, schwärmt er. Aber die Abwechslung und Mischung sei nun mal das, was einen Künstler lebendig halte. „Alles ist erlaubt, solange man dabei etwas zu sagen hat.“, so seine Devise. 

Für seine Vielfalt, Frische und emotionale Direktheit bekannt, ist George Petrou seit Jahren auf der ganzen Welt gefragt. Er gastierte an vielen renommierten Opernhäusern und leitete etliche namhafte Orchester wie das Gewandhausorchester Leipzig, das Ensemble Pomo d’Oro oder das Greek Radio Symphony Orchestra, dessen Musikdirektor er von 2020 bis 2022 war. Persönliches Herzensanliegen ist dem umtriebigen Griechen auch stets seine Rolle als kultureller Botschafter seines Heimatlandes, dessen in Europa weitgehend unbekannte Musiktradition er in die Welt hinaustragen möchte.

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George Petrou begann seine Karriere als Konzertpianist
George Petrou begann seine Karriere als Konzertpianist

Die Stimmen der Vergangenheit

Seine Karriere war alles andere als vorgezeichnet: Ohne musikalischen Familienhintergrund folgte er in jungen Jahren seiner Leidenschaft, brach ein Jurastudium ab, studierte Klavier zunächst am Konservatorium in seiner Geburtsstadt Athen, dann in London und begann eine Karriere als Konzertpianist. Ein Wendepunkt kam, als er mit Anfang dreißig seine Faszination für die historische Aufführungspraxis entdeckte: „Früher entsprach das historisch informierte Musizieren der Suche nach Authentizität. Mittlerweile geht es stattdessen darum, die Stimmen der Vergangenheit zu nutzen, um eine gänzlich neue Leinwand für Emotionen und Ausdruck zu schaffen.“ Diese Erkenntnis brachte ihn schließlich zum Dirigieren. Dogmatismus liegt George Petrou dabei jedoch gänzlich fern. In der historischen Praxis sieht er ein Ausdrucksmittel, keine Doktrin.

Seine Offenheit zeigt sich auch in seiner Arbeit als Regisseur, der er mit Herzblut nachgeht: „Ich liebe es, Musik in Bilder zu übersetzen und aus einem Werk eine eigene Geschichte zu entwickeln.“ Seine Inszenierungen, darunter „Giulio Cesare“ und „Semele“ in Göttingen, Mozarts „Idomeneo“ in Athen sowie auch zahlreiche Musicals feierten große Erfolge. 

Immerzu pendelnd zwischen seinem Wohnsitz in seiner Heimat Athen, seinem naturnahen Landhaus in Frankreich und dem niedersächsischen Göttingen, wo derzeit sein künstlerisches Herz schlägt, blickt Petrou gelassen in die Zukunft: „Nein, ich habe keinen festen Plan für die Zukunft. Jedes Jahr bringt etwas Neues. Aber wenn ich das, was ich gerade tue, für den Rest meines Lebens tun könnte, wäre ich schon zufrieden.“ – Nun, der Anfang ist gemacht: Erst kürzlich hat Petrou seinen Vertrag bei den Göttinger Händel-Festspielen um fünf Jahre verlängert. 

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