Startseite » Reportage » Spiel mit den Gegensätzen

Porträt Ensemble Resonanz

Spiel mit den Gegensätzen

Das Ensemble Resonanz feiert zwanzigjähriges Bestehen in Hamburg und sucht noch immer den lebendigen Austausch mit dem Publikum.

vonAndré Sperber,

Risikobereitschaft, Kreativität, Experimentierfreude, Leidenschaft – all das gehört zum Markenzeichen des Ensemble Resonanz. Seit 2002 ist das Streich­ensemble eine feste Instanz der Hamburger Musikszene. In diesem Jahr feiert es sein zwanzigjähriges Bestehen. Obwohl es als Ensemble in Residence mit der Konzertreihe „resonanzen“ regelmäßig in der Elbphilharmonie auftritt, ist der Resonanzraum auf St. Pauli seine eigentliche Heimspielstätte. Hier, innerhalb der rauen, massiv betonierten Mauern des alten Hochbunkers, finden jeden Monat die „urban string“-Abende statt und verwandeln den eigens an die speziellen Konzertbedürfnisse des Ensembles angepassten Raum in einen Kammermusik-Club – inklusive DJ, der meist nicht nur das pop-kulturelle Randprogramm liefert, sondern im musikalischen Dialog mit dem Ensemble steht.

Für jedes Projekt die geeignete Form: Ensemble Resonanz

„Die Reihe ,urban string‘ ist unsere Experimentalküche“, erklärt David-Maria Gramse, Violi­nist im Ensemble. „,urban string‘ ist immer anders, frei, radikal und offen für neue Formen.“ Die Themen und Programme werden dabei von den achtzehn Musikern selbst gestaltet, die ganz frei, ganz demokratisch ohne festen Dirigenten auskommen. Laut Bratschist Tim-Erik Winzer habe dies einen entscheidenden Vorteil: „So haben wir die Freiheit, für jedes unserer Projekte die geeignete Organisationsform zu finden.“ Regelmäßiger Gast am Pult ist beispielsweise Riccardo ­Minasi, mit dem das Ensemble Resonanz bereits zahlreiche Konzert- und CD-Projekte realisierte. Hinzu kommen weitere Partnerschaften mit namhaften Künstlern wie Tabea Zimmermann, Isabelle Faust, Jean-Guihen Queyras oder Emilio Pomàrico.

Nicht nur der kreativen Freiheit, auch dem Repertoire des Ensembles sind keine Grenzen gesetzt. Von Renaissance bis Zeitgenössisches ist alles dabei, steht meist sogar nah beieinander oder wird kombiniert. Mit solchen neuen Formen wolle man den Zugang zur Klassik auch für künftige Generationen bewahren, darin sind sich Winzer und Gramse einig: „Wir glauben an die Zukunft der klassischen Musik“, so ihr Credo. Gerade zeitgenössische Klänge spielen dabei eine entscheidende Rolle: „So schräg Neue Musik manchmal zunächst auch klingen mag, sie erzählt immer etwas über unsere Zeit“, erläutert Gramse. „Deshalb ist sie jedem auf irgendeine Weise unmittelbar verständlich, und manch einer findet so vielleicht den Weg zurück zur klassischen Musik.“

Missverständnisse erwünscht

Es ist ein Spiel mit Gegensätzen. Alte und Neue Musik gehen lebhafte Verbindungen ein, klassische Hochkultur verwächst mit urbaner Club- und Pop-Kultur, Kompositionen und Improvisationen verschmelzen zu einem Gesamtkonzept: Das Ensemble Resonanz bringt zusammen, was zunächst unvereinbar scheint, und bringt es in innovativen Einklang. Aber kann das beim Publikum auch zu Missverständnissen führen? „Das hoffen wir sogar“, betont Tim-Erik Winzer. „Es ist wichtig, dass man sowohl das Publikum als auch sich selbst immer wieder erschüttern kann. Das hält die Sache lebendig.“ Es finde aber auch viel Austausch mit dem Publikum statt, wo genau solche Schnittstellen ermittelt würden, ergänzt David-Maria Gramse. Gerade die an die Konzerte angedockten, weiteren Veranstaltungsangebote im resonanzraum wie Werkstätten, Hörstunden oder Gespräche im bunkersalon bieten geeignete Plattformen für diesen Austausch. So solle das Ensemble, das sich zurzeit mitten im Prozess des Generationenwechsels befindet, den lebendigen Austausch mit dem Publikum – die Resonanz – auch in Zukunft weiterhin am Leben halten können.

Album Cover für Beethoven: Klavierkonzerte Nr. 4 & Nr. 6

Beethoven: Klavierkonzerte Nr. 4 & Nr. 6

Gianluca Cascioli (Klavier) Ensemble Resonanz Riccardo Minasi (Ltg) harmonia mundi

Termine

Auch interessant

Rezensionen

  • Asya Fateyeva steht mit Hingabe für die Vielseitigkeit ihres Instruments ein.
    Interview Asya Fateyeva

    „Es darf hässlich, es darf provokant sein“

    Asya Fateyeva, Porträtkünstlerin beim Schleswig-Holstein Musik Festival, spricht über den Reiz und die Herausforderungen des für die Klassik so ungewöhnlichen Saxofons.

Newsletter

Jeden Donnerstag in Ihrem Postfach: frische Klassik!