450 Jahre Staatskapelle Berlin
Zwischen Oper und Sinfonik
Die Staatskapelle Berlin feiert ihr 450-jähriges Bestehen.
© Holger Kettner

Die Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim
Kurfürst Joachim II. von Brandenburg war für seinen ausschweifenden Lebensstil bekannt. Er initiierte Orgien und rustikal-blutige Spaßschlachten. Von einem neugebauten Jagdschloss im Berliner Grunewald ließ er auch gleich einen Dammweg zu seinem Stadtschloss im Berliner Zentrum errichten – es ist der heutige Kurfürstendamm. Im Stadtschloss daselbst entstand indes etwas besonders Kostbares: Von Historikern wird Joachims Gründung der Berliner Hofkapelle mit der Zeit um 1540 angesetzt. Ganz sicher ist die Anstellung einer geringen Zahl handverlesener Musiker in dieser Zeit nicht, doch im Jahr 1570 ist bereits von einer älteren Kapellordnung die Rede: Das Ensemble, das sich heute „Staatskapelle Berlin“ nennt, war also offenbar auch schon vor 450 Jahren keine ganz neue Formation mehr.
Sicher ist: Im Jahr 1580 – nun unter Joachims hochverschuldetem Sohn Johann Georg – spielte die Hofkapelle im Berliner Stadtschloss regelmäßig in einer Besetzung von sechs Musikern und zwölf Sängern. Rund hundert Jahre später wurde diese Besetzung erheblich vergrößert, die Bezahlung verbessert und den Mitgliedern des Orchesters der Titel „Cammer-Musicanten“ verliehen. Die Aufwertung durch den Kurfürsten Friedrich Wilhelm – nicht zuletzt ein Mitorganisator des Westfälischen Friedens von 1648 – kam nicht zufällig. Nach der Erholung vom Dreißigjährigen Krieg brauchte man im Berliner Schloss ein zahlenmäßig passendes und exquisites Ensemble zur Darbietung von Opern.
Musikdramatischer Feinschliff aus Italien
Die neue Kunstform aus Italien wurde fortan eine Spezialität der nunmehr königlich-preußischen Hofkapelle – zuallererst für die prunkvolle Gründung der Hofoper durch Friedrich den Großen im Jahr 1742 waren die Dienste des Orchesters unverzichtbar. Denn längst hatte die Hofkapelle ihren musikdramatischen Sinn mit Hilfe von italienischen Komponisten, die bereits in ihrer Heimat an der Oper geschult waren, verfeinert: Der Kapellmeister Attilio Ariosti und der Cellist Giovanni Bononcini wirkten längere Zeit bei den Musikern am Berliner Hof. Bekannter sind heute die späteren Matadore des galanten Stils, die zu entscheidenden Protagonisten der Hofkapelle wurden: der Klaviermeister Carl Philipp Emanuel Bach und der Flötenvirtuose Johann Joachim Quantz.
In den kommenden Jahrhunderten sollte sich die Berliner Hof- und später Staatskapelle stets ein gewisses Eigenleben neben dem zentralen Berliner Operngeschehen Unter den Linden sichern. Richard Strauss etwa probierte Anfang des 20. Jahrhunderts als Hofkapellmeister die Wirkung seiner riesigen sinfonischen Dichtungen aus. Das Orchester wurde so wiederum befähigt, extrem schwierige Opern wie Alban Bergs „Wozzeck“ mit Hilfe des Dirigenten Erich Kleiber aus der Taufe zu heben. Die Tradition, in der Sinfonik wie in der Oper gleichermaßen kompetent zu sein, wurde zwischen den Weltkriegen vor allem von Leo Blech, in der DDR unter anderem vom österreichischen Dirigenten Otmar Suitner aufrechtherhalten. Heute steht der Name Daniel Barenboims für diese Tradition, der die Geschicke des Staatskapelle als Generalmusikdirektor der Staatsoper seit 1992 lenkt.
Termine
Martha Argerich (Klavier), Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim (Leitung) (abgesagt)
Martha Argerich (Klavier), Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim (Leitung)
Martha Argerich (Klavier), Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim (Leitung) (abgesagt)
Martha Argerich (Klavier), Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim (Leitung)
Schaghajegh Nosrati, András Schiff, Staatskapelle Berlin
J. S. Bach: Konzerte für zwei Klaviere c-Moll BWV 1060 & c-Moll BWV 1062, Orchestersuiten Nr. 1 C-Dur BWV 1066 & Nr. 4 D-Dur BWV 1069
Schaghajegh Nosrati, András Schiff, Staatskapelle Berlin
J. S. Bach: Konzerte für zwei Klaviere c-Moll BWV 1060 & c-Moll BWV 1062, Orchestersuiten Nr. 1 C-Dur BWV 1066 & Nr. 4 D-Dur BWV 1069
Verdi: Messa di Requiem
Elena Stikhina (Sopran), Daniela Barcellona (Alt), Fabio Sartori (Tenor), Ildar Abdrazakov (Bass), Staatsopernchor, Staatskapelle Berlin, Zubin Mehta (Leitung)
Verdi: Messa di Requiem
Elena Stikhina (Sopran), Daniela Barcellona (Alt), Fabio Sartori (Tenor), Ildar Abdrazakov (Bass), Staatsopernchor, Staatskapelle Berlin, Zubin Mehta (Leitung)
Alexandre Kantorow, Staatskapelle Berlin, Antonio Pappano
Tschaikowsky: Klavierkonzert Nr. 2 G-Dur op. 44, Respighi: Pini di Roma & Fontane di Roma
Alexandre Kantorow, Staatskapelle Berlin, Antonio Pappano
Tschaikowsky: Klavierkonzert Nr. 2 G-Dur op. 44, Respighi: Pini di Roma & Fontane di Roma
Auch interessant
Livestream Sonderkonzert
Benefizkonzert unter den Linden
Am 15. November um 15 Uhr machen die Staatskapelle Berlin und Daniel Barenboim mit einem Sinfoniekonzert insbesondere auf die schwierige Situation von freischaffenden Kollegen aufmerksam und rufen zu deren Unterstützung auf mittels Spenden an den Nothilfefonds der Deutschen Orchester-Stiftung. weiter
Opern-Kritik: Staatsoper Unter den Linden – Quartett
Lust am Untergang
(Berlin, 3.10.2020) Mit ihrer traditionell angesetzten Premiere zum Jahrestag der Wiedervereinigung landet die Staatsoper Unter den Linden einen großartigen Coup: Luca Francesconis Oper nach dem Schauspiel von Heiner Müller erklingt erstmals in deutscher Sprache. weiter
Opern-Kritik: Staatsoper Berlin – Elektra
Die Demut der Details
(Berlin, 23.10.2016) Patrice Chéreaus Schwanengesang ist das Vermächtnis des „besten Regisseurs der Welt“ weiter
Rezensionen
CD-Rezension Elgar: The Dream of Gerontius
Klangmagie
Very British: Daniel Barenboim ist in erster Linie nicht dem Romantiker, sondern dem impressionistischen Klangmagier Edward Elgar auf der Spur weiter
CD-Rezension Daniel Barenboim
Schwerfällig
Hier holzt und säbelt es gewaltig: Daniel Barenboim und Gustavo Dudamel bemühen Brahms weiter