Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur WAB 107

(UA Leipzig 1884)

Mit sechzig Jahren erlebte Bruckner seinen ersten Welterfolg. Arthur Nikisch hatte 1873 in Wien als Geiger bei den Philharmonikern die Zweite mitgespielt und sich den Namen Bruckner gemerkt. Nun war er Dirigent in Leipzig und brachte mit dem Gewandhausorchester die SIEBENTE zur Uraufführung. Es folgten Aufführungen in München, Graz, Berlin und dann – weil der Erfolg sich herumsprach – auch in Wien.

Im Berliner Tageblatt schrieb Paul Marsop: „Da stand er nun in seinem bescheidenen Gewande vor der Menge und verbeugte sich einmal übers andre. Bald zuckte es wehmütig um den Mund des alten Herrn, bald leuchtete es gar wundersam in seinen Augen auf, und das nicht schöne, aber sympathisch-treuherzige Gesicht erstrahlte in einer so warmherzigen, innigen Freude, wie sie sich nur auf dem Antlitz eines Menschen zeigen kann, dessen Herz zu gut ist, um selbst durch die ärgsten Tücken dieser Welt verbittert zu werden.

Man empfand mit innigem Behagen, dass sich etwas geltend machte, das man in den Werken anderer Zeitgenossen durchwegs vermißt : die Kraft! Endlich, endlich einer, der wieder einmal aus dem Vollen  schöpft!“

Besser kann man Bruckners Wesen und den Charakter der Siebten nicht beschreiben: bescheiden, wehmütig, wundersam, leuchtend, warmherzig, innig, freudig und kraftvoll.

Die Siebte ist unwiderstehlich: SO muss es gewesen sein, als zum ersten Mal die Sonne aufging (erster Satz), SO trauern Musiker um Musiker (Adagio), SO klingen die ärgsten Tücken dieser Welt (Scherzo), SO klingt Kraft, die aus dem Vollen schöpft (Finale)!

Das lange Hauptthema (24 Takte) wird von den Violoncelli vorgetragen, dazu kommen als Farbe: das Horn für den naturhaft aufsteigenden Dreiklang, die Bratschen für die innige Mittelkadenz und die tiefe Klarinette für die intensive Steigerung.

Für Adagio (Trauermarsch) und Finale zog Bruckner vier Wagnertuben hinzu, von Wagners Tod erfuhr er während der Komposition des Trauermarsches – jeder spürt, an welcher Stelle!

Das Scherzo ist ein wildes Karussell, das Trio wie ein staunendes Kind …

Das kompakte Finale läuft spiegelbildlich ab: Exposition: ABC, Durchführung, Reprise: CBA. In der Coda strahlt die Sonne …

Die Tonarten der vier Sätze ergeben einen wunderbaren Bogen: E-Dur – cis-Moll/Cis-Dur (Schluss) – a-Moll/F-Dur (Trio) – E-Dur.

Den fragwürdigen Beckenschlag im Adagio (Achtung: Höhepunkt!) soll Nikisch sich erbeten haben – ihm zu Dank und Ehren kann man ihn gelten lassen. Mit zittriger Hand schrieb Bruckner neben die eingeklebten Takte „gilt nicht“. Mit oder ohne Beckenschlag – die Siebte gilt!

(Mathias Husmann)

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