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Dresdner Musikfestspiele 2024

Von Wagners „Walküre“ bis zum experimentierenden Popduo

Die Dresdner Musikfestspiele erweitern „Horizonte“ mit kanonischen Werken, Originalklangensembles und unbekanntem Repertoire.

vonChristian Schmidt,

Als 1978 die SED-Oberen die Dresdner Musikfestspiele aus der Taufe hoben, materialisierten sie gleichsam das große musikalisch-historische Erbe der DDR in einer Art lebendem Schaufenster hinaus in die weite, ausdrücklich auch westliche Welt. Von Anfang an sollte sich das Festival mit hohem Devisenaufwand als Pendant zu Salzburg, Bregenz oder Baden-Baden etablieren. Mit dem diesjährigen Festivaljahrgang unter dem Motto „Horizonte“ kann Intendant und Stammcellist Jan Vogler von dieser Strahlkraft letztlich immer noch zehren.

Ein Programm für das Miteinander

Kurz vor der in Sachsen signalgebenden Europawahl am 9. Juni – an diesem Sonntag enden die vierwöchigen Festspiele nach 56 Konzerten – hebt sein Programm die Botschafterrolle für ein weltoffenes Miteinander heraus, feiert in einer außergewöhnlichen Dichte die Vielfalt musikalischer Geschmäcker mit allerersten Namen zwischen Philharmonia Orchestra London, Anoushka Shankar und Sting. Und wohl nicht zufällig ist dabei die Botschaft der Dresdner Musikfestspiele, das Programm sei so bunt wie nie: fest auf dem Boden der Denkmäler-Tradition, aber den Blick nach draußen gerichtet, weit über den eierscheckeseligen, sandsteinernen Elbetrog hinaus. „Die Musik ist in der Lage wie kaum etwas anderes, unsere Lebenseinstellung zu stärken“, sagt Vogler und meint: Wo Hinterwäldler dumpf-dreist pöbeln, setzen wir wahrhaft Kulturvolles dagegen.

Jenseits von programmatischen Plattitüden

Während zur Eröffnung Kent Nagano mit der „Walküre“ seine auf vier Jahre angelegte „Ring“-Produktion in historisch informierter Aufführungspraxis mit Concerto Köln und dem Dresdner Festspielorchester fortsetzt, dirigiert der gerade mal 28-jährige Shootingstar Klaus Mäkelä das Concertgebouw Orchester und zum 200. Geburtstag von Anton Bruckner dessen fünfte Sinfonie. Philippe Herreweghe und Jordi Savall bringen mit Originalklängen ihre Ensembles nach Dresden, Igor Levit und Hélène Grimaud führen die Riege der Recitals an, Patricia Kopachinskaya übt sich bei Schönbergs „Pierrot lunaire“ im Deklamieren und Geigen gleichzeitig. Aber es gibt eben auch die ungewöhnlichen Kombinationen, etwa wenn Schauspieler Charly Hübner mit dem Ensemble Resonanz die „Winterreise“ neu interpretiert, Thomas Quasthoff mit dem Amatis Trio Feldpostbriefe liest oder das Popduo Ätna mit den Dresdner Kapellsolisten experimentiert.

Erfrischend an Jan Voglers Programm ist vor allem, dass er sich nicht nur an großen Namen festhält, sondern auch das Unbekannte wagt – so gibt es etwa eine verfemte Operette der jüdischen Komponistin Amélie Nikisch zu entdecken –, sich über die Alibiplatittüden der Nachwuchsförderung hinaus mit einer „Nacht der jungen Stars“ für junge Talente einsetzt und den Gedanken der Buntheit auch mit dem Engagement des ethnisch vielfältigen „Chineke! Orchestra“ würdigt.

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