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Porträt Ramón Ortega Quero

Ohne zu atmen

Eigentlich wollte Ramón Ortega Quero Klavier lernen. Doch als er zur Oboe griff, ging alles plötzlich ganz schnell.

vonIrem Çatı,

Was tut man, wenn sich zu Hause zwei Kinder um ein Klavier streiten? Der Vater von Ramón Ortega Quero, selbst Pianist, löste das Problem ganz pragmatisch, indem er ihm, dem Nesthäkchen der Familie, vorschlug, es doch einmal mit der Oboe zu versuchen. Da war er acht Jahre alt und hatte vorher noch nie von dem Instrument gehört. Seine Schwester blieb beim Klavier, studierte es später am Konservatorium und spielte oft mit dem Bruder im Duett. „Dass ich zu Hause Kammermusik machen konnte, war ein großer Luxus“, resümiert der Musiker heute. „Es hat mir sehr geholfen, erst kleinere Stücke, dann auch die Sonaten von Saint-Säens oder Poulenc jeden Tag üben zu können.“

Wichtige Erfahrungen konnte der 1988 in Granada geborene Oboist auch im Andalusischen Jugendorchester sammeln, in das er mit zwölf Jahren aufgenommen wurde. Dort fand Ramón Ortega Quero viele Freunde, die seine Leidenschaft zur Musik teilten. Zum ersten Mal war er auf Tourneen mit dem Orchester für mehrere Tage auf sich allein gestellt und konnte einen ersten Eindruck davon gewinnen, wie das Leben als Musiker aussieht. Vier Jahre lang war er Teil des Jugendorchesters, bis er 2003 im West-Eastern Divan Orchestra aufgenommen wurde. „Das war das Gleiche, aber viel größer. Mit Daniel Barenboim zu arbeiten war unglaublich und hat mich stark geprägt.“ So sehr, dass er während einer Tournee entschieden hat, professioneller Musiker zu werden. „Ich habe das Reisen und die Konzerte sehr genossen.“ Und noch etwas ist ihm aus dieser Zeit geblieben: Im Orchester lernte er seine heutige Frau kennen, mit der er einen Sohn hat.

Dass er überhaupt die Möglichkeit für ein Vorspiel hatte, ist der damaligen andalusischen Regierung zu verdanken, die Barenboims Projekt finanziell unterstützt hat. Im Gegenzug durften einige Musiker aus dem Jugendorchester an Probespielen teilnehmen. Während des ersten Workshops, in der das Orchester Schuberts „Unvollendete“ übte, bat der Maestro den jungen Ramón, das lange Solo im zweiten Satz zu spielen, ohne zu atmen. „Ich glaube, er wollte testen, ob das für mich möglich ist, und hat die Stelle sehr langsam dirigiert“, erzählt er lachend. „Aber ich habe es geschafft! Das war also meine erste Begegnung mit Barenboim.“

„Der Lernprozess dauert bis heute an“

Ramón Ortega Quero

Tourneen mit dem West-Eastern Divan Orchestra führten den Oboisten auch nach Deutschland. Mit achtzehn Jahren beschloss er, sich an der Musikhochschule in Rostock zu bewerben. Dort war sein Mentor Gregor Witt, Solo-Oboist der Staatskapelle Berlin, als Professor tätig. Dieser ermutigte Ortega Quero immer wieder, an Wettbewerben teilzunehmen. 2007 nutzte er die Chance und meldete sich für den ARD-Wettbewerb an. Erwartungen hatten weder er noch Witt. „Dabei sein ist alles“ war das Motto. Als Ramón am Ende den ersten Preis erhielt, trat er nicht nur in die Fußstapfen seines großen Idols Heinz Holliger, ihm öffneten sich über Nacht auch viele Türen in der Musikwelt. Schon in der Woche nach dem Wettbewerb kamen Einladungen vom Konzerthausorchester Berlin, dem NDR in Hannover oder dem MDR in Leipzig.

2008 wurde er schließlich erster Solo-Oboist im BR-Symphonieorchester. Da war Ortega Quero zwanzig Jahre alt. Was macht man als so junger Musiker, wenn man in dem Alter schon alles erreicht hat? Der Spanier gibt sich bescheiden: „Meine Stelle wurde zwar bestätigt, als ich 21 war, ich habe trotzdem gefühlt, dass ich noch viel zu lernen habe und mich verbessern kann. Ich war noch nicht der Oboist, der ich sein wollte, und der Lernprozess dauert bis heute an.“ Seitdem konzertiert er mit dem Orchester in München und reist von dort aus als gefragter Solist nach New York, Salzburg, Amsterdam und Wien. 2010 ernennt ihn die „European Concert Hall Organisation“ zum „Rising Star“, fünf Jahre später widmet ihm der spanische Komponist Oscar Navarro sein Oboenkonzert „Legacy“.

Keine seiner beiden Rollen als Solist und Orchestermusiker möchte er missen, es ist der Mix aus beidem, der seiner Karriere Bedeutung gibt. Das liegt vor allem am Repertoire für Oboe, das zwar sehr schön sei – „allerdings gibt es auch viele Lücken. Zu den Hauptwerken gehören das Mozart– und Strauss-Konzert, aber ich versuche auch modernere Stücke von Martinů, Zimmermann, Navarro und Widmann mit ins Programm zu nehmen.“ Mit dem BR-Symphonieorchester kann er das Repertoire erweitern und auch Werke von Mahler oder Bruckner spielen: „Wenn man in einem so fantastischen Orchester spielt, ist es einfach nur perfekt, beides zu machen.“

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