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75 Jahre Deutsches Symphonie-Orchester Berlin

Und plötzlich sind es 75 Jahre

Wie schnell die Zeit vergeht: Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin feiert sein 75-jähriges Bestehen.

vonHelge Birkelbach,

Wie lange habe ich geträumt? Fünfzehn Minuten, fünfzig Minuten? Oder waren es nur wenige Sekunden? Diese verwirrende Erfahrung machte der britische Komponist George Benjamin, als er im Traum einen Donnerschlag wahrnahm, der sich spiralartig über mindestens eine Minute erstreckte. „Dann wachte ich auf und erkannte, dass ich tatsächlich nur die erste Sekunde eines echten Donnerschlags erlebt hatte“, stellte er erstaunt fest. „Ich hatte es in der Traumzeit, dazwischen und in Echtzeit wahrgenommen.“

Das Rätsel und seine Auflösung beschäftigten Benjamin auch musikalisch. 1993 schrieb er „Sudden Time“, ein Orchesterwerk, dessen Titel er einem Gedicht des amerikanischen Essayisten und Lyrikers Wallace Stevens entlehnt hatte. „Es war wie plötzliche Zeit in einer Welt ohne Zeit“ lautet die Übersetzung einer Zeile aus dem Gedicht „Martial Cadenza“. So wie der absolute Zeitbegriff nach Isaac Newton von Albert Einstein mit der völlig anders lautenden Definition im relativen Raum-Zeit-Gefüge über den Haufen geworfen wurde, entwickelt der Komponist trickreich sein musikalisches Material „in mehrere verschiedene Richtungen gleichzeitig“.

Zeit und Zeitgenössisches

Für das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin (DSO) ist „Sudden Time“ eine Steilvorlage, um bei seinem Jubiläumskonzert über das Wesen der Zeit zu reflektieren. Wie verstreicht die Zeit in einer Komposition, wie verändert sich wiederum ein Werk mit den Jahren? Und wie seine Interpretation und Rezeption mit den Ausführenden? Ferenc Fricsay, Lorin Maazel, Riccardo Chailly, Vladimir Ashkenazy, Kent Nagano, Ingo Metzmacher und Tugan Sokhiev waren die Dirigenten, die das Orchester seit seiner Gründung 1946 (damals als RIAS-Symphonie-Orchester) prägten. Seit 2017 steht der Klangformer Robin Ticciati am Pult des DSO.

Die Konstante über erstaunliche 75 Jahre ist wiederum eng mit dem Faszinosum der Jetzt-Zeit verbunden: Uraufführungen und zeitgenössisches Repertoire finden sich nicht nur als wesentlicher Bestandteil in den Programmen wieder, sie sind gleichsam in die DNA des Orchesters eingeschrieben. Musik der Gegenwart dient gleichzeitig dazu, Musik als Gegenwart zu begreifen. Sie ist immer da und doch immer anders.

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