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Highlights der Saison 2022/2023 – West

Vielfalt an Rhein und Ruhr

Julia Gaß, Kulturredakteurin bei den Ruhr Nachrichten, stellt ihre persönlichen Highlights der kommenden Saison in Nordrhein-Westfalen vor.

vonJulia Gaß,

Diese Saison wird eine besondere: Seit zwei Jahren ist sie wahrscheinlich die erste ohne Corona-Auflagen (Maskenpflicht mal ausgenommen), die Abos sind zurück und die Opern- und Konzerthäuser haben keinen Produktionsstau mehr. Aber sie müssen die Einnahmeverluste kompensieren. Entsprechend viel Populäres findet sich auch auf den Spielplänen in Nordrhein-Westfalen. Viel Wagner, Verdi, Belcanto und Mozart wird geboten, aber in dem Bundesland mit der weltweit größten Dichte an Opernhäusern – immerhin steht jedes sechste der 560 Häuser in Deutschland in NRW – bleibt genug Raum für Entdeckungen.

Die fünfzehn Opernhäuser in NRW bringen in der neuen Saison zusammen rund hundert Neuinszenierungen heraus und werden damit wieder rund eine Million Zuschauer erreichen. In den zehn großen Konzertsälen gibt es noch einmal zusammen fast tausend Veranstaltungen. Und auch die Musical-Bühnen und kleinere Konzertstätten machen Programm. Nicht leicht, die Übersicht zu behalten, aber ein „Ring“ von Wagner sticht immer heraus. In der Oper Dortmund schmiedet Regisseur Peter Konwitschny daran weiter. Nachdem der Regie-Altmeister in der „Walküre“ (Konwitschny startete nicht mit dem „Rheingold“) in der vergangenen Saison schon glänzend unterhalten hat, ist die Spannung auf seinen „Siegfried“ in Starbesetzung mit Daniel Frank in der Titelrolle und Bayreuth-Sopranistin Stéphanie Müther als Brünnhilde groß (Premiere am 20.5.23).

Andris Nelsons dirigiert die Saisoneröffnung am Dortmunder Konzerthaus
Andris Nelsons dirigiert die Saisoneröffnung am Dortmunder Konzerthaus

Auch die Oper Düsseldorf bietet einen „Siegfried“: aus Hilsdorfs „Rhein-Ring“ (ab 5.2.23) mit Axel Kober am Pult, der gerade erst wieder am Hügel dirigiert hat. Hörenswert ist im Dortmunder Opernhaus ab dem 25.3.23 auch wieder der „Lohengrin“, den Daniel Behle so wunderbar lyrisch singt. Und bereits 2020 (zur US-Präsidentenwahl) geplant war die 1987 uraufgeführte Oper „Nixon in China“ vom Amerikaner John Adams. Martin G. Berger inszeniert das klangfunkelnde Werk (ab 26.2.23), sicher mehr als ein Geheimtipp – ebenso wie „Die Jüdin“ von Fromantal Halévy, mit der Lorenzo Fioroni am 6.11.22 sein Regie-Debüt in Dortmund gibt. Mit den „Trojanern“ von ­Berlioz bietet auch die Oper Köln eine französische Grand Opéra, Johannes Erath inszeniert auf der Ausweichspielstätte Staatenhaus – auch ein Ereignis (ab 24.9.22).

Nachgeholte Uraufführung

Eine der wenigen Uraufführungen in dieser Saison der Kassenschlager geht am 13.3.23 über die Bühne des Aalto-Theaters in Essen: David Hermann inszeniert dort „Dogville“, eine Oper in achtzehn Szenen vom 45-jährigen Herner Komponisten Gordon Kampe. Er hat das Libretto nach dem gleichnamigen Film von Lars von Trier vertont; am Pult steht Generalmusikdirektor Tomáš Netopil. Geplant war diese Uraufführung schon 2020, und die ersten Musikbeispiele, die der Komponist bei der Essener Spielplan-Vorstellung präsentiert hat, machen richtig viel Lust auf diese Produktion.

Dirigentinnen gibt es zum Glück immer mehr, aber Frauen auf dem Regiestuhl sind immer noch eine Seltenheit. Zu den Stars der Szene gehört seit vielen Jahren Beverly Blankenship, die an der Oper KrefeldMönchengladbach am 26.3.23 eine „Butterfly“ herausbringt. Und Sopranistin Angela Denoke hat den Wechsel von der Bühne ans Regiepult ebenfalls erfolgreich absolviert. 2021 hat sie ihr Regiedebüt mit „Kataja Kabanova“ in Ulm gegeben, danach eine vielbeachtete „Salome“ in Innsbruck nachgelegt. Auf ihren „Don Giovanni“, den sie am 6.5.23 im kleinen, aber sehr engagierten Theater Hagen zeigt, darf man sehr gespannt sein.

Sopranistin, die inzwischen auch Regie führt: Angela Denoke
Sopranistin, die inzwischen auch Regie führt: Angela Denoke

Spielzeiteröffnung mit Erich Kästner

Denokes Kollege Rolando Villazón inszeniert seit einigen Jahren so traditionell wie publikumswirksam. In Düsseldorf ist ab 7.1.23 sein „Don Pasquale“ zu sehen. Ebenfalls ein Tipp für ­Familien-Opernpublikum sind die „Drei Männer im Schnee“, eine Revueoperette nach Kästner von Thomas Pigor, mit der das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen am 24.9.22 seine Spielzeit eröffnet.

Themen-Spielzeiten sind aus der Mode gekommen. Die neue Generalintendantin und Opernchefin des Theater Münster, Katharina Kost-Tolmein, versucht es trotzdem und hat spartenübergreifend die Orestie zum Schwerpunkt ausgerufen. „Elektra“ von Richard Strauss passt da hinein und feiert am 18.12.22 in der Inszenierung von Paul-Georg Dittrich mit General­musikdirektor Golo Berg Premiere. Die Saisoneröffnung ist am 1.10.22 eine Opern-Rarität zum Thema: „Leben des Orest“ von Ernst Křenek, ebenfalls mit Berg am Pult und von Magdalena Fuchsberger in Szene gesetzt.

Spannendes Debüt

Oper kann das Konzerthaus Dortmund auch sehr gut – konzertant und mit Weltstars. Am 25.11.22 gibt Dirigent Teodor Currentzis mit seinem Ensemble MusicAeterna sein mit großer Spannung erwartetes „Tristan“-Debüt. Andreas Schager, der umjubelte Siegfried der Bayreuther Festspiele, singt den Tristan, Birgitte Christensen die Isolde – ein Ereignis. Und noch ein Festspiel-Superstar gibt sich an der Dortmunder Brückstraße die Ehre: Asmik Grigorian, die gefeierte Salzburger Salome und Bayreuther Senta, singt am 15.3.23 Lieder von Rachmaninow. Ein Highlight im fein zusammengestellten Spielplan des Dortmunder Konzerthauses ist die Saisoneröffnung: Andris Nelsons dirigiert sein Gewandhausorchester am 8.9.22 im Festkonzert zum zwanzigjährigen Bestehen des Hauses. Solistin ist Yuja Wang.

Zu Gast in der Kölner Philharmonie: das Amsterdamer Concertgebouw Orkest
Zu Gast in der Kölner Philharmonie: das Amsterdamer Concertgebouw Orkest

Der 35 Kilometer entfernte, 2004 wiedereröffnete Saal der Philharmonie Essen bietet in der nächsten Saison einen Coup: eine Residenz des Concertgebouw Orkest Amsterdam. Das europäische Top-Orchester reist zu sechs Konzerten in unterschiedlichen Formationen mit verschiedenen Dirigenten und Solisten an und gibt auch „Zugaben im Club“. Der erdige, warme Klang dieses Orchesters wird die Konzertfreunde durch die Saison begleiten. Das Concertgebouw ist auch zu Gast in der Philharmonie Köln (30.8.22 mit Herreweghe und Haydns Schöpfung), ebenso wie Mirga Gražinytė-Tyla mit ihrem City of Birmingham Symphony Orchestra (20.3.23).

Die Klassik-Szene ist, was Solisten- und Pultstars und große Orchester angeht, übersichtlich, und die Programme von Konzerthaus Dortmund, Philharmonie Essen und Philharmonie Köln unterscheiden sich nicht sehr deutlich. Entdeckungen kann man da eher in den kleineren Sälen wie dem Musikforum Bochum, dem Bagno in Steinfurt in kleinen Formaten machen. Und bei im Schnitt fünfzehn Veranstaltungen pro Tag in NRW bleibt die Auswahl riesig.




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