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Highlights der Saison 2023/2024 – Hessen

Reise durch Hessen

concerti-Redakteurin Irem Çatı stellt ihre persönlichen Highlights der kommenden Saison vor.

vonIrem Çatı,

Wiesbaden ist noch auf der Suche, Frankfurt hat sich bereits entschieden. Fünfzehn Jahre lang hatte Sebastian ­Weigle am Opernhaus der Mainmetropole das Amt des Generalmusikdirektors inne. Jetzt kommt mit dem studierten Physiker und Dirigenten Thomas Guggeis ein neues, ganz junges Gesicht an die Spitze der Oper Frankfurt. ­Gerade erst ist er dreißig Jahre alt geworden und fühle sich glücklich, „als Generalmusikdirektor ein ,Opernhaus des Jahres‘ übernehmen zu dürfen“. Während die Ernennung Guggeis‘ in Frankfurt für Überraschung gesorgt hat, geht das Hessische Staatstheater Wiesbaden ganz transparent mit der Suche nach einem Nachfolger für GMD Patrick Lange um. „Bei den letzten drei Aufführungen von ,Carmen‘ dirigieren Kandidaten für die Position des Generalmusikdirektors“, heißt es vonseiten des ­Theaters.

Zwar konnte bis Redaktionsschluss keine finale Entscheidung getroffen werden, das tut dem Start in die neue Saison aber keinen Abbruch. Mit einer ganz besonderen Auftragskomposition lädt das Hessische Staatsorchester Wiesbaden zu seinem ersten Sinfoniekonzert. Ursprünglich ist Komponist Gerhard E. Winkler beauftragt worden, Schuberts erste und Schumanns dritte Sinfonie in einem Werk zu verbinden, doch der Ukraine-Krieg veränderte die Pläne. „Ich muss einfach Stellung nehmen zu dem, was da passiert“, schreibt Winkler dem Hessischen Staatstheater Wiesbaden und komponiert stattdessen Zwielicht, worin verschiedene musikalische Zitate anderer Komponisten miteinander verwebt werden und die Werke Schuberts und Schumanns in einem neuen Licht erscheinen lassen (20.9.). Das Parktheater Bensheim, das als Anlaufstelle für alle Kunst- und Kulturaffinen der Region Bergstraße dient, eröffnet am 23. September die neue Saison mit dem Freiburger Barockorchester und bringt damit hochkarätige Gäste in den Süden Hessens. Das auf die historisch informierte Aufführungspraxis spezialisierte Ensemble hat unter anderem Werke von Vivaldi, ­Telemann, Händel und Corelli dabei.

Glanzvoll geht es am Staatstheater Wiesbaden nicht nur im Foyer, sondern auch auf der Bühne zu
Glanzvoll geht es am Staatstheater Wiesbaden nicht nur im Foyer, sondern auch auf der Bühne zu

Abschluss eines Zyklus’ und eines Jubiläumsjahrs

Am Staatstheater Kassel findet im Oktober mit der Uraufführung von „Der Nussknacker | The Nutcracker | De Notenkraker“ die über drei Spielzeiten angelegte Tschaikowsky-Trilogie von TANZ_KASSEL ein Ende. Dafür kommen die United Cowboys, ein internationales Künstlerkollektiv aus den Niederlanden, zurück ans Staatstheater und bringen den Ballett-Klassiker in einer „zeitgenössischen, aber auch zeitgemäßen Umsetzung mit einem interdisziplinären Ansatz, der Klischees und Vorurteile niederringt“ ins 21. Jahrhundert (14.10.). Kurze Zeit später beendet die Oper Frankfurt das Ligeti-Jahr mit einer Premiere und der Frankfurter Erstaufführung von dessen Endzeit-Oper „Le Grand Macabre“. Im Mai wäre der ungarische Komponist hundert Jahre alt geworden und wurde 2023 weltweit mit zahlreichen Aufführungen seiner Werke gefeiert. In Frankfurt steht Thomas Guggeis am Pult und leitet damit nach Mozarts „Le nozze di Figaro“ seine zweite Premiere (5.11.).

Von hier aus ein Blick in die Innenstadt zur Alten Oper: Hier darf im Dezember Bachs „Weihnachtsoratorium“ nicht fehlen. Im Konzert des Leipziger Thomanerchors und des Gewandhausorchesters werden neben den ersten drei Kantaten zwei weitere weihnachtliche Werke des Thomaskantors aufgeführt, die beide vor genau dreihundert Jahren ihre Uraufführung erlebt haben: Die Kantaten „Christen, ätzet diesen Tag in Metall und Marmorsteine“, in der die Geburt Christi und deren Verkündigung durch die Hirten thematisiert wird, und „Sie werden aus Saba alle kommen“, in der die gesamte Glaubensgemeinde aufgefordert wird, ihr Herz darzubringen. Und noch einmal steht dort im Dezember Bach auf dem Programm, allerdings in einer ganz anderen Atmosphäre. Statt Weihnachtsklänge geben Pianist Fazıl Say und Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters Alain Altinoglu, der außerdem ein begnadeter Pianist ist, Bachs Konzert für zwei Klaviere in c-Moll zum Besten. Daneben steht Bachs „Fantasie und Fuge“ BWV 537 in der Bearbeitung von Edward Elgar auf dem Programm, und Says Konzert für zwei Trompeten mit Gábor Boldoczki und Sergei Nakariakov als Solisten kommt zur Deutschen Erstaufführung (7. & 8. 12.).

Gern gesehener Gast in Kassel: das Künstlerkollektiv United Cowboys
Gern gesehener Gast in Kassel: das Künstlerkollektiv United Cowboys

Blumiger Jahreswechsel in Darmstadt

Zum Jahreswechsel lädt das Staatstheater Darmstadt zum lustig feierlichen Neujahrskonzert unter der Leitung der südkoreanisch-amerikanischen Dirigentin Holly Hyun Choe. Im Detail wird das Programm noch nicht verraten, aber so viel ist klar: Blumen stehen im Mittelpunkt. So darf also auch Richard Strauss’ „Rosenkavalier-Suite“ nicht fehlen. Abgerundet wird der Abend mit Werken von Peter Tschaikowsky, Johann Strauss und Edith Piaf. Wer am Neujahrsabend übrigens noch zu angeschlagen sein sollte, kann das Konzert auch eine Woche später, am 7. Januar, erleben. In Wiesbaden hingegen entführt das Neujahrskonzert mit Geigerin Bomsori Kim und dem hr-Sinfonieorchester mit Werken von Berlioz, Ravel, Sarasate und Falla nach Frankreich und Spanien und bringt etwas Sonnenschein in den hessischen Winter.

Zurück nach Frankfurt. Hier ist am 9. Februar der Sheng-Virtuose Wu Wei zu Gast beim hr-Sinfonieorchester mit Dirigentin Susanna Mälkki. Mit im Gepäck hat er nicht nur sein Instrument, die chinesische Mundorgel, sondern auch das Stück „Šu“ für Sheng und ­Orchester. Komponistin Unsuk Chin hat es lange vermieden, Werke für Shen zu schreiben, da sie der Folklore oder dem Exotismus des Instruments zunächst nichts abgewinnen konnte. Erst Wu Wei änderte ihre Meinung, sodass 2009 „Šu“ entstand. Abgerundet wird der Konzertabend mit Paul Hindemiths Sinfonie „Mathis der Maler“ und Igor Strawinskys „Feuervogel-Suite“.

Seltene Klänge: Shengvirtuose Wu Wei kommt nach Frankfurt
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Im März bietet auch die Oper Frankfurt die Gelegenheit, ein sehr selten gespieltes Werk zu erleben: Im Stück „In seinem Garten liebt Don Perlimplín Belisa“ hat sich Komponist Wolfgang Fortner das Kammerspiel des spanischen Dichters Federico García Lorca rund um den Bücherwurm Don Perlimplín und seiner jungen, treulosen Frau als Vorlage für seine Oper genommen (22.3.). Perlimplíns Haushälterin überredet den zurückgezogen lebenden Junggesellen zu heiraten. Schnell ist in der schönen Nachbarstochter Belisa auch die perfekte Braut gefunden. Doch der alte Perlimplín kann die Begierden seiner Frau nicht erfüllen, weshalb sie ihn schon gleich in der Hochzeitsnacht betrügt. Fortner hat Lorcas tragisches Seelendrama mit Instrumenten wie Vibrafon, Celesta, Harfe, Gitarre und Cembalo nach Art der Zwölftonmusik vertont.

Heiteres aus Oper, Operette und Konzert

Abschließend wird das Ende der Saison am 29. Juni in Darmstadt mit einer großen Open-Air-Gala gefeiert, auf der das Staatstheater Heiteres aus Oper, Operette und Konzert zum Besten gibt. Eingeladen ist jeder, der Eintritt kostenlos. Mit dem Ende der Konzertsaison beginnt die Zeit der Festivals. Schon am 22. Juni eröffnet das hr-Sinfonieorchester unter Alain Altinoglu traditionell das Rheingau Musik Festival im Kloster Eberbach in Eltville. So sind Musikliebhaber auch den ganzen Sommer über bestens versorgt.

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